Stellungnahme zum Referentenentwurf des Cannabisgesetz

Inhalt

Stellungnahme des Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG)

Die Stellungnahme als PDF.

Der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) begrüßt den Willen der Regierung das deutsche Cannabisrecht nach rund 50 Jahren endlich den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die geringe Gefährlichkeit der Pflanze und der aus ihren Blüten gewonnenen Genussmittel anzupassen.

Den als Referentenentwurf des BMG vorgestellten Vorschlag für eine Neuregelung lehnen wir als verfassungswidrig überstreng und vermeidbar kompliziert ab. Der Entwurf stellt Konsumentinnen und Konsumenten von Cannabis als Prädatoren dar, von denen grundsätzlich gewaltige Risiken für Kinder und Jugendliche ausgehen und unterstellt ihnen eine grundsätzliche Neigung zu rechtswidrigem Verhalten, insbesondere notorischen Willen zur widerrechtlichen Weitergabe von Genusscannabis. Diese Einschätzung ist realitätsfern. Zu lange hat Politik diese falsche Geschichte erzählt. So lange, dass selbst Cannabisnutzerinnen und -nutzer oft von sich als Bürger:innen zweiter Klasse denken.

Geduld ist ein Privileg der Nichtbetroffenen. Als demokratisch gewählte Vertreter der Betroffenen können wir uns den Luxus nicht leisten, die Bundesregierung mit ihren fehlerhaften Regelungsansätzen scheitern zu sehen. Wir bieten ihr deshalb mit dem AltCanG einen konkreten alternativen Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften an, der die Mängel des Referentenentwurf vermeidet, einfacher umzusetzen und für die Bürgerinnen und Bürger leichter nachzuvollziehen ist.

Entwurf des Dachverbands deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) für ein Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften

Problem

Der Versuch, das Angebot von und die Nachfrage nach berauschenden Cannabisprodukten mittels Verbot durch das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu reduzieren, ist gescheitert. Trotz erheblicher Aufwendungen bei Strafverfolgungsbehörden und in der Justiz steigt die Konsumprävalenz insbesondere unter jungen Menschen. Der Konsum von Cannabis, welches vom Schwarzmarkt bezogen wird, ist häufig mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden, da der THC-Gehalt unbekannt ist und giftige Beimengungen, Verunreinigungen sowie synthetische Cannabinoide enthalten sein können, deren Wirkstärke und Risiken von den Konsumentinnen und Konsumenten nicht abgeschätzt werden können. Unklare Geltungsgrenzen des BtMG behindern die ökologische und wirtschaftliche Nutzung der Cannabispflanzen selbst dort, wo die Produkte keinerlei berauschende Wirkstoffe beinhalten.

Lösung

Volljährigen Konsumentinnen und Konsumenten wird durch den Gesetzentwurf ein eigenverantwortlicher, selbstbestimmter Umgang mit Cannabis ermöglicht. Privater Eigenanbau sowie der gemeinschaftliche nicht-gewerbliche Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von Genusscannabis an Erwachsene zum Eigenkonsum in Vereinen werden ermöglicht. Die getroffenen Regelungen orientieren sich dabei an denen, die für den Eigenanbau des gesundheitlich deutlich risikoreicheren Tabak gelten. Der Umgang mit Nutzhanf wird erheblich entbürokratisiert und seine wirtschaftliche Verwertung erleichtert. Die ärztlich begleitete Therapie mit Medizinalcannabis wird normalisiert. Gleichzeitig bleibt gewerblicher Umgang mit Cannabis außerhalb medizinischer Anwendung auf solche Produkte begrenzt, die keine Rauschwirkung haben. Durch Information, Beratungs- und Präventionsangebote werden gesundheitliche Risiken für Konsumentinnen und Konsumenten von Genusscannabis reduziert. Die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention werden gezielt gestärkt.

Artikel 1 – Alternativer Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Alternatives Cannabisgesetz – AltCanG)

§1 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ist oder sind

  1. Cannabis: Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen ausgenommen deren Saatgut;
  2. Tetrahydrocannabinol (THC): die natürliche Wirkstoffgruppe Tetrahydrocannabinol in der Cannabispflanze und ihre natürlich vorkommenden Isomere sowie stereochemische Varianten;
  3. Cannabidiol (CBD): die natürliche Wirkstoffgruppe Cannabidiol in der Cannabispflanze und ihre natürlich vorkommenden Isomere sowie stereochemische Varianten;
  4. Stecklinge: Pflanzen, die zur Gattung Cannabis gehören, so lange diese sich im vegetativen Stadium befinden und weder künstlich noch durch natürliche Umstände zur Ausprägung von Harzdrüsen (Trichomen) angeregt worden sind und dabei einen mittleren THC-Gehalt von 1 Prozent nicht überschreiten;
  5. Marihuana: die getrockneten Blüten und die blütennahen Blätter der Cannabispflanze wenn deren THC-Gehalt 1 Prozent übersteigt;
  6. Haschisch: das abgesonderte Harz von Marihuana;
  7. Veredelung: jede Verarbeitung von Marihuana oder Haschisch mit dem Ziel, den THC-Gehalt zu steigern oder den Geschmack zu verbessern;
  8. Konzentrat: Produkte, die Ergebnis der Veredelung von Haschisch oder Marihuana sind und einen höheren THC-Gehalt als das Ausgangsmaterial haben;
  9. Cannabis-Essware: mit Cannabis oder Tetrahydrocannabinol versetztes Lebensmittel, dessen Konsum berauschende Wirkung hat oder haben soll;
  10. Nutzhanf: Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen wenn deren bestimmungsgemäße Verwendung weder medizinischen noch berauschenden Charakter hat. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn
    1. diese aus dem Anbau in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von Hanfsorten stammen, die am 15. März des Anbaujahres im Gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind und die nach Artikel 17 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten (ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 1), die durch die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 (ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung durch die Europäische Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C veröffentlicht sind,
    2. deren Gehalt an THC 1 Prozent nicht übersteigt und die nach ihren biologischen Eigenschaften in den weiteren Entwicklungsstadien regelmäßig einen THC-Gehalt von 1 Prozent nicht übersteigen oder
    3. die als Schutzstreifen bei der Rübenzüchtung gepflanzt und vor der Blüte vernichtet werden;
  11. Medizinalhanf: Cannabis, das im Rahmen einer ärztlich begleiteten Therapie zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verwendet wird oder werden soll;
  12. Genusscannabis: Cannabis, dessen bestimmungsgemäße Verwendung auf einen berauschenden Effekt mit THC abzielt oder diesen Inkaufnimmt;
  13. Anbau: der Anbau und die Aufzucht von Cannabispflanzen einschließlich nötige Vorbereitungshandlungen, der Trimmung, der Ernte, der Trocknung, der Veredelung sowie der Verpackung und Lagerung des angebauten Cannabis;
  14. Eigenanbau: privater, nicht-gewerblicher Anbau von Genusscannabis zum Zwecke des Eigenkonsums durch Volljährige;
  15. Anbauverein: eingetragener nicht wirtschaftlicher Verein, dessen Zweck der gemeinschaftliche Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum an Mitglieder ist;
  16. werbliche Informationen: Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen, Zeichen und Symbole zu Zwecken der Werbung;
  17. Werbung: jede Art kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel oder mit der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf eines Erzeugnisses zu fördern;
  18. Sponsoring: jeder öffentliche oder private Beitrag zu einer Veranstaltung oder einer Aktivität oder jede Unterstützung von Einzelpersonen mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf eines Erzeugnisses zu fördern;
  19. Dienste der Informationsgesellschaft: Dienste im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1);
  20. Bedarfsgegenstände: Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit THC-haltigen Erzeugnissen in Berührung zu kommen;
  21. Außenwerbung: jede Werbung außerhalb geschlossener Räume einschließlich Schaufensterwerbung.

§2 Umgang mit Cannabis

(1) Es ist genehmigungspflichtig, Cannabis

  1. zu besitzen,
  2. anzubauen,
  3. mit ihm Handel zu treiben,
  4. es zu veräußern,
  5. es einzuführen, auszuführen oder durchzuführen,
  6. abzugeben oder weiterzugeben,
  7. sonst in Verkehr zu bringen.

(2) Genehmigungsfrei sind:

  1. der Umgang mit Nutzhanf,
  2. der Eigenanbau und Besitz zum Zwecke des Eigenkonsums,
  3. die unentgeltliche, nicht-gewerbliche Weitergabe von Cannabis aus dem Eigenanbau an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zum unmittelbar auf die Weitergabe folgenden gemeinschaftlichen Konsum,
  4. der Umgang mit Genusscannabis im Rahmen eines Anbauvereines gemäß §7,
  5. der Anbau, Besitz und Handel mit Stecklingen sowie Cannabispflanzen, wenn diese zur Produktion von Stecklingen dienen.

(3) Der Umgang mit Medizinalcannabis erfolgt nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetz (AMG).

§3 Verbot der Hörfunkwerbung, der Werbung in Druckerzeugnissen und in Diensten der Informationsgesellschaft, Verbot des Sponsorings

(1) Es ist verboten, für Genusscannabis im Hörfunk zu werben.

(2) Es ist verboten, für Genusscannabis in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. Abweichend von Satz 1 darf in einer gedruckten Veröffentlichung geworben werden,

  1. die ausschließlich für im Handel mit Cannabis tätige Personen bestimmt ist,
  2. die sich regelmäßig und mindestens weit überwiegend an bereits Cannabis konsumierende volljährige Personen richtet,
  3. die in einem Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, gedruckt und herausgegeben wird, sofern diese Veröffentlichung nicht hauptsächlich für den Markt in der Europäischen Union bestimmt ist.

(3) Absatz 2 gilt für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft entsprechend.

(4) Es ist verboten, Hörfunkprogramme zur Förderung des Verkaufs von Genusscannabis zu sponsern.

(5) Es ist verboten, eine Veranstaltung oder Aktivität mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung zu sponsern, den Verkauf von Genusscannabis zu fördern, wenn

  1. an der Veranstaltung oder Aktivität mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind,
  2. die Veranstaltung oder Aktivität in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union stattfindet oder
  3. die Veranstaltung oder Aktivität eine sonstige grenzüberschreitende Wirkung hat.

§4 Verbot der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation

Es ist verboten, audiovisuelle kommerzielle Kommunikation im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts-und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1), die durch die Richtlinie (EU) 2018/1808 (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 69) geändert worden ist, für Genusscannabis oder zugunsten von Unternehmen, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf von Genusscannabis ist, zu betreiben.

§5 Suchtprävention

(1) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

  1. errichtet eine digitale Plattform, auf der sie Informationen zu der Wirkung, den Risiken und der risikoreduzierten Nutzung von Cannabis, zu Angeboten für Prävention, Beratung und Behandlung sowie zu diesem Gesetz nutzerfreundlich und adressatengerecht bereitstellt,
  2. entwickelt insbesondere ihr bestehendes Angebot an cannabisspezifischen Präventionsmaßnahmen für Jugendliche sowie für junge Erwachsene in Bezug auf den Konsum von Cannabis evidenzbasiert weiter und baut dieses aus,
  3. baut ein strukturiertes, digitales zielgruppenspezifisches Beratungsangebot für Konsumentinnen und Konsumenten von Cannabis auf und
  4. berät und informiert zielgruppenspezifisch Konsumentinnen und Konsumenten von Cannabis zu Präventionsmaßnahmen, zur Wirkung, zu den Risiken und zur risikoreduzierten Nutzung von Cannabis sowie zu den Möglichkeiten einer weitergehenden wohnortnahen Beratung oder Hilfe.

(2) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellt digital die nach §21 Absatz 3 erforderlichen Informationen

§6 Privater Eigenanbau

(1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes der private Eigenanbau in befriedetem Besitztum erlaubt.

(2) Wer Eigenanbau betreibt, hat angebautes Genusscannabis durch geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen vor dem Zugriff durch Kinder, Jugendliche oder Dritte zu schützen.

(3) Privater Eigenanbau innerhalb militärischer Bereiche ist verboten.

§7 Anbauvereine

(1) Als Mitglied in einem Anbauverein darf nur aufgenommen werden, wer gegenüber dem Anbauverein durch Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises oder sonstiger geeigneter amtlicher Dokumente nachweist, dass er oder sie

  1. einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und
  2. das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Ändert sich der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt, so hat das Mitglied dies der Anbauvereinigung unverzüglich mitzuteilen.

(2) Anbauvereine dürfen ihre Mitglieder zum Selbstkostenpreis mit Genusscannabis versorgen, dafür benötigtes Cannabis innerhalb ihres befriedeten Gebiets anbauen und besitzen oder Dritte mit diesem Anbau beauftragen.

(3) Anbauvereine dürfen anderen Anbauvereinen Genusscannabis zum Selbstkostenpreis abgeben, wenn diese ihre Mitglieder nicht aus eigenem Anbau versorgen können.

(4) Anbauvereine dürfen Genusscannabis nur in einer neutralen Verpackung weitergeben. Bei der Weitergabe haben sie der annehmenden Person oder dem annehmenden Anbauverein einen Beipackzettel auszuhändigen. Der Beipackzettel muss mindestens die folgenden Angaben zum weitergegebenen Cannabis enthalten:

  1. bei Marihuana, Haschisch und Konzentraten

    1. Gewicht in Gramm,
    2. Erntedatum,
    3. Mindesthaltbarkeitsdatum,
    4. Sorte,
    5. durchschnittlicher Tetrahydrocannabinol-Gehalt in Prozent,
    6. durchschnittlicher Cannabidiol-Gehalt in Prozent
  2. bei Cannabis-Esswaren

    1. Gewicht in Gramm
    2. Tetrahydrocannabinol-Gehalt in Milligramm
    3. Cannabidiol-Gehalt in Milligramm

(5) Anbauvereine haben bei der Weitergabe von Genusscannabis sowie in ihren Räumlichkeiten aufklärende evidenzbasierte Informationen über Cannabis, die Dosierung, die Anwendung und die Risiken des Konsums von Genusscannabis sowie Hinweise auf Beratungs- und Behandlungsstellen im Zusammenhang mit Genusscannabiskonsum zur Verfügung zu stellen. Sie sollen mit Suchtberatungsstellen vor Ort kooperieren, um Mitgliedern mit einem abhängigen oder riskanten Konsumverhalten einen Zugang zum Suchthilfesystem zu ermöglichen.

(6) Anbauvereine müssen gewährleisten, dass innerhalb ihres befriedeten Besitztums befindliches Genusscannabis ausreichend gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte sowie Kinder und Jugendliche geschützt ist.

(7) Anbauvereinigungen haben die Grundsätze der guten fachlichen Praxis sicherzustellen. Sie haben ausreichende Vorkehrungen zu treffen, damit Gefahren für die menschliche Gesundheit, die durch den Einsatz der in Absatz 4 genannten Stoffe entstehen können, vermieden werden.

(8) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit dies zum Schutz der Gesundheit erforderlich ist, festzulegen:

  1. Höchstmengen hinsichtlich der folgenden Stoffe oder deren Abbau-, Umwandlungs- oder Reaktionsprodukte in oder auf Cannabis:
    1. Pflanzenschutzmittelwirkstoffe im Sinne des Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009) in der jeweils geltenden Fassung
    2. Düngemittel im Sinne des Düngemittelgesetzes,
    3. andere Pflanzen- oder Bodenbehandlungsmittel,
    4. Biozid-Produkte im Sinne des Chemikaliengesetzes, soweit sie dem Vorratsschutz oder der Schädlingsbekämpfung dienen,
    5. Mykotoxine, Schwermetalle oder sonstige vergleichbare gesundheitlich nicht erwünschte Stoffe und
    6. Mikroorganismen,
  2. das Verfahren zur Festsetzung von Höchstmengen sowie Vorgaben für die Datenanforderungen zur Festsetzung von Höchstmengen und
  3. landwirtschaftliche oder gartenbauliche Anforderungen an den gemeinschaftlichen Eigenanbau in Anbauvereinigungen, insbesondere in Bezug auf Hygiene sowie auf die Trocknung und Lagerung von in Anbauvereinigungen gemeinschaftlich angebautem Cannabis.

(9) Anbauvereinigungen haben über die typischen Gefahren des Konsums von Genusscannabis hinausgehende Risiken für die menschliche Gesundheit zu vermeiden. Solch ein Risiko ist zu vermuten, wenn das von der Anbauvereinigung weitergegebene Genusscannabis gemäß Absatz 8 nicht weitergabefähig ist.

§8 Maßnahmen behördlicher Kontrolle

(1) Die zuständige Behörde untersucht im Rahmen von regelmäßigen physischen Kontrollen auf geeignete Art und Weise und in angemessenem Umfang, ob das durch Anbauvereine angebaute und weitergegebene Cannabis den Anforderungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften entspricht und beim gemeinschaftlichen Eigenanbau sowie bei der Weitergabe von Cannabis und Vermehrungsmaterial die Vorgaben dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften, insbesondere für den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz eingehalten werden. Sie kann von einem Anbauverein Auskünfte, die Vorlage von Unterlagen und den Zutritt zum befriedeten Besitztum des Anbauvereins außerhalb einer Wohnung zu den üblichen Öffnungszeiten verlangen, um die Einhaltung dieser Regeln zu prüfen.

(2) Die zuständige Behörde trifft erforderliche Maßnahmen, wenn sie den begründeten Verdacht hat, dass das in den Anbauvereinen angebaute oder weitergegebene Genusscannabis nicht den Anforderungen dieses Gesetzes oder der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften entspricht oder beim gemeinschaftlichen Eigenanbau oder bei der Weitergabe von Genusscannabis die Vorgaben dieses Gesetzes für den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz vom Anbauverein nicht oder nicht vollständig eingehalten werden.

Sie ist insbesondere befugt,

  1. Maßnahmen gegen den Anbauverein anzuordnen, die gewährleisten, dass Cannabis erst dann weitergegeben wird, wenn es den Anforderungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften entspricht, insbesondere die Vornahme einer Qualitätsprüfung durch die Entnahme und Untersuchung von Proben,
  2. anzuordnen, dass ein Anbauverein das von ihm angebaute Genusscannabis prüft oder prüfen lässt und ihr das Ergebnis der Prüfung mitteilt,
  3. einem Anbauverein vorübergehend zu verbieten, dass dieser Genusscannabis anbaut oder weitergibt,
  4. den Rückruf und die Rücknahme von weitergegebenem Genusscannabis durch den Anbauverein anzuordnen,
  5. in Anbauvereinen vorhandenes Genusscannabis, das ein über die typischen Gefahren des Konsums hinausgehendes Risiko für die menschliche
  6. Gesundheit im Sinne des §18 Absatz 1 Satz 2 darstellt, sicherzustellen und dieses Genusscannabis zu vernichten oder vernichten zu lassen,
  7. die Tätigkeit eines Anbauvereins ganz oder teilweise zu untersagen,
  8. anzuordnen, dass den Anbauverein die Öffentlichkeit oder ihre Mitglieder vor den über die typischen Gefahren des Konsums hinausgehendes Risiko gewarnt werden, die mit abgegebenem Genusscannabis verbunden sind,
  9. die Beseitigung von Werbematerial oder die Unterlassung von Werbe- oder Sponsoringmaßnahmen, die nach §3 verboten sind, anzuordnen.

(3) Die zuständige Behörde hat ihre Entscheidung über das Treffen einer Maßnahme auf der Grundlage einer angemessenen Risikobewertung unter Berücksichtigung der Art der Gefahr und der Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Schadens zu treffen. Die Möglichkeit, einen höheren Sicherheitsgrad zu erreichen, oder die Verfügbarkeit von anderem Genusscannabis, das ein geringeres Risiko darstellt, ist kein ausreichender Grund, um anzunehmen, dass ein rasches Eingreifen im Sinne von Satz 1 erforderlich ist.

(4) Die zuständige Behörde widerruft oder ändert eine nach Absatz 2 angeordnete Maßnahme, sobald der Anbauverein, der das Genusscannabis weitergegeben hat oder weitergeben wollte, schlüssig darlegt, dass er wirksame Maßnahmen zur Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und der nach Absatz 2 vorgesehenen Auflagen getroffen hat.

(5) Anbauvereine, ihre vertretungsberechtigten Personen, Beschäftigten und Mitglieder haben Maßnahmen nach Absatz 1 und 2 zu dulden und die zuständige Behörde sowie die von dieser beauftragten Personen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, insbesondere ihnen auf Verlangen Zugang zum ihrer Vereinstätigkeit dienenden befriedeten Besitztum zu gewähren sowie Behältnisse zu öffnen und die Entnahme von Proben zu ermöglichen. Proben von Genusscannabis und bei der Weitergabe oder Lagerung zum Einsatz kommenden Bedarfsgegenständen sind der zuständigen Behörde oder von dieser beauftragten Personen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

§9 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. Handlungen im Sinne des §2 Absatz 1 ausführt, ohne im Besitz einer Genehmigung zu sein,
  2. entgegen §3 für Genusscannabis oder für Anbauvereine wirbt oder Sponsoring betreibt,
  3. entgegen §4 audiovisuelle kommerzielle Kommunikation betreibt,
  4. entgegen §6 Absatz 2 geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen unterlässt,
  5. entgegen §7 Absatz 1 nicht sicherstellt, dass eine Kontrolle des Alters, des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts erfolgt,
  6. einer vollziehbaren Auflage nach §8 zuwiderhandelt,
  7. entgegen §8 Absatz 1, auch in Verbindung mit §8 Absatz 5 eine dort genannte Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt,

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro und in den übrigen Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden.

§10 Strafvorschriften

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer Handlungen im Sinne des §2 Absatz 1 ausführt, ohne im Besitz einer Genehmigung zu sein

  1. und dabei gewerbsmäßig vorgeht
  2. als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat
  3. eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist.

§11 Einziehung

Gegenstände, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach §9 oder eine Straftat nach §10 bezieht, können eingezogen werden. §74a des Strafgesetzbuches und §23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

§12 Tilgungsfähige Eintragungen im Bundeszentralregister

(1) Eine Eintragung im Bundeszentralregister über eine Verurteilung nach §29 des Betäubungsmittelgesetzes ist tilgungsfähig, wenn

  1. die verurteilte Person wegen des unerlaubten Umgangs mit Cannabis strafgerichtlich verurteilt worden ist und
  2. das geltende Recht
    1. für die der Verurteilung zugrundeliegenden Handlungen keine Strafe mehr vorsieht oder
    2. für die Handlungen nur noch Geldbuße allein oder Geldbuße in Verbindung mit einer Nebenfolge androht.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind auch solche Eintragungen im Bundeszentralregister tilgungsfähig, die auf Entscheidungen beruhen, durch die nachträglich aus mehreren Einzelstrafen aufgrund von Verurteilungen nach §29 des Betäubungsmittelgesetzes eine Gesamtstrafe gebildet worden ist.

(3) Ist die Person in einer Verurteilung nach §29 des Betäubungsmittelgesetzes auch wegen Taten verurteilt worden, für die das Recht weiterhin Strafe vorsieht, so ist die Tilgung einer auf dieser Verurteilung beruhenden Eintragung im Bundeszentralregister ausgeschlossen. Hierbei ist unbeachtlich, ob die Taten zueinander in Tateinheit oder Tatmehrheit stehen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Eintragungen, die auf Entscheidungen über nachträglich gebildete Gesamtstrafen beruhen.

§13 Feststellung der Tilgungsfähigkeit von Eintragungen im Bundeszentralregister

(1) Die Staatsanwaltschaft stellt auf Antrag der verurteilten Person fest, ob eine die Person betreffende Eintragung im Bundeszentralregister nach §12 tilgungsfähig ist.

(2) Im Rahmen der Feststellung durch die Staatsanwaltschaft nach Absatz 1 genügt es zum Nachweis der Voraussetzungen nach §12 Absatz 1 oder §12 Absatz 2, wenn diese durch die verurteilte Person glaubhaft gemacht werden. Zur Glaubhaftmachung kann die Staatsanwaltschaft auch die eidesstattliche Versicherung der verurteilten Person zulassen. Für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist die Staatsanwaltschaft zuständig.

(3) Die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft bestimmt sich nach dem Gericht, das im ersten Rechtszug die in §12 Absatz 1 Nummer 1 genannte Verurteilung ausgesprochen oder die Entscheidung nach §12 Absatz 2 erlassen hat. Lässt sich diese Staatsanwaltschaft nicht nach Satz 1 bestimmen, so ist diejenige Staatsanwaltschaft zuständig, in deren Bezirk die verurteilte Person zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Wohnsitz im Inland hat. Hat die verurteilte Person ihren Wohnsitz im Ausland, so ist die Staatsanwaltschaft Berlin zuständig. Der Antrag kann bei jeder Staatsanwaltschaft schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.

(4) Nimmt die Staatsanwaltschaft eine zu Unrecht getroffene Feststellung nach Absatz 1 zurück, so teilt sie der Registerbehörde die Rücknahme und die nach §5 des Bundeszentralregistergesetzes erforderlichen Daten für die im Bundeszentralregister vorzunehmende Wiedereintragung der getilgten Verurteilung oder der getilgten Entscheidung über die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe mit. Die Staatsanwaltschaft hat vor ihrer Entscheidung darüber, ob eine Feststellung nach Absatz 1 zurückgenommen wird, der verurteilten Person Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. §50 des Bundeszentralregistergesetzes ist nicht anzuwenden.

§14 Verfahren zur Tilgung von Eintragungen aus dem Bundeszentralregister

(1) Stellt die Staatsanwaltschaft die Tilgungsfähigkeit einer Eintragung im Bundeszentralregister über eine strafgerichtliche Verurteilung oder über eine strafgerichtliche Entscheidung nach §12 fest, so hat sie dies der Registerbehörde und der verurteilten Person mitzuteilen. Liegen die Voraussetzungen für die Tilgung nicht vor, so hat die Staatsanwaltschaft die verurteilte Person darüber unter Angabe der Gründe zu bescheiden.

(2) Eintragungen im Bundeszentralregister über strafgerichtliche Verurteilungen oder Entscheidungen, deren Tilgungsfähigkeit nach §12 durch die Staatsanwaltschaft festgestellt und von dieser der Registerbehörde mitgeteilt worden ist, sind durch die Registerbehörde zu tilgen.

§15 Evaluation des Gesetzes

(1) Die gesellschaftlichen Auswirkungen dieses Gesetzes, insbesondere auf den Kinder- und Jugendschutz, den Gesundheitsschutz und auf die cannabisbezogene Kriminalität, sind zu evaluieren. Die Evaluation soll begleitend zum Vollzug des Gesetzes erfolgen.

(2) Das Bundesministerium für Gesundheit beauftragt unabhängige Dritte mit der Durchführung der Evaluation. Spätestens nach vier Jahren soll dem Bundesministerium für Gesundheit ein umfassender Bericht über die Ergebnisse der Evaluation vorgelegt werden.

(3) Zur Unterstützung der Evaluation übermitteln die zuständigen Behörden jährlich bis zum 31. Januar des Folgejahres die ihnen im vorangegangenen Kalenderjahr nach §8 übermittelten Angaben an eine vom Bundesministerium für Gesundheit benannte Stelle. Personenbezogene Daten sind dabei zu anonymisieren, anstelle vollständiger Geburtsdaten sind lediglich Geburtsjahre zu übermitteln.

(4) Die Anbauvereine sollen die Evaluation unterstützen, indem sie Befragungen ihrer Mitglieder, der vertretungsberechtigten Personen und entgeltlich Beschäftigten durch den mit der Evaluation beauftragten Dritten ermöglichen.

Artikel 2 – Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken (Medizinal-Cannabisgesetz – MedCanG)

-weggefallen-

Artikel 3-12 – Anpassung weiterer Vorschriften

analoge Umsetzung mit Anpassung an Regeln des AltCanG

Artikel 13 – Anpassung des Jugendschutzgesetz (JuSchG)

§ 10 Jugendschutzgesetz (JuSchG) Rauchen in der Öffentlichkeit, Tabakwaren und Genusscannabis

(1) In Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse sowie Genusscannabis und Cannabis-Esswaren an Kinder oder Jugendliche weder abgegeben noch darf ihnen das Rauchen oder der Konsum nikotinhaltiger oder THC-haltiger Produkte gestattet werden.

(2) In der Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse nicht in Automaten angeboten werden. Dies gilt nicht, wenn ein Automat

  1. an einem Kindern und Jugendlichen unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder
  2. durch technische Vorrichtungen oder durch ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse nicht entnehmen können.

(3) Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse sowie Genusscannabis und Cannabis-Esswaren dürfen Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für nikotinfreie und/oder THC-freie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden, sowie für deren Behältnisse.

Artikel 14 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Das Betäubungsmittelgesetz verletzt seit rund 50 Jahren die Rechte Cannabis konsumierender Menschen und ihrer Angehöriger. Statt die angestrebte Verhinderung des Umgangs mit Cannabis zu erreichen, legt es der steigenden Zahl an Konsumierenden erhebliche vermeidbare Gesundheitsrisiken auf, greift unverhältnismäßig in die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger ein und entzieht der Gesellschaft die Kontrolle über berauschende Cannabisprodukte. Die Bundesregierung hat sich deshalb im Koalitionsvertrag 2021-25 das Ziel gesetzt, die Regeln für Cannabis so anzupassen, dass dadurch „die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet“ wird. Mittelfristig soll der Schwarzmarkt für Genusscannabis ausgetrocknet und in einen Risiken minimierenden Legalmarkt überführt werden.

Der vom Bundesgesundheitsministerium als Referentenentwurf präsentierte Vorschlag für eine rechtliche Neugestaltung des Umgangs mit Cannabis verfehlt dieses Ziel. Er legt eine falsche Risikobewertung zu Grunde und stellt verfassungswidrig überstrenge und unnötig kleinteilige Regelungen in den Raum.

Der Referentenentwurf schreibt die gescheiterte grundsätzliche Strafbarkeit des Umgangs mit Cannabis fort, behindert die Verwendung rauschunwirksamer Cannabisprodukte sowie die bedarfsgerechte Anwendung von Cannabis als Medizin.

Der vom BMG vorgeschlagene Entwurf zu einem Cannabisgesetz ist keine Wiederherstellung der Bürgerrechte der Millionen Konsumentinnen und Konsumenten sondern Ausdruck einer Konsumfeindlichkeit, die mit dem Wort Cannabisphobie noch freundlich umschrieben ist. Dies zeigt sich insbesondere im Umgang mit Anbauvereinen, dem erheblichen Umfang und der Schärfe der Strafvorschriften und Ordnungswidrigkeiten sowie der einseitigen Überbetonung vermeintlicher Schutzvorschriften für Kinder und Jugendliche. Die im Referentenentwurf verwendeten Begrifflichkeiten sind logisch fehlerhaft und würden bei einer Umsetzung so vielfältige praktische Probleme erzeugen, dass sie die gewünschte Wirkung des Gesetzes unmöglich machen. Weder würde Rechtssicherheit für Konsumentinnen und Konsumenten von Genusscannabis geschaffen noch der Verfolgungsaufwand reduziert.

Der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) legt deshalb einen alternativen Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vor. Dieser orientiert sich am etablierten Umgang mit dem gesundheitlich risikoreicheren Tabak und ermöglicht Erwachsenen einen weitgehend straffreien Umgang mit Cannabis zur Versorgung des eigenen Bedarfs.

Bestehende Hürden für Nutzhanf und Medizinalhanf baut er ab, indem er diese Cannabisanwendungen in etablierte gesetzliche Regelsysteme überführt. Der Vorschlag des CSCD minimiert den Aufwand der Verwaltung und konzentriert behördliche Kontrolle auf jene Bereiche, bei denen über die typischen Gefahren des Konsums von Cannabis hinausgehende Risiken entstehen.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Durch den Entwurf zum AltCanG wird Konsumentinnen und Konsumenten ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis erleichtert. Durch die Ermöglichung des straffreien Besitz und Anbaus für den eigenen Bedarf sowie von Anbauvereinen werden die gesundheitlichen Risiken für Konsumentinnen und Konsumenten reduziert. Das Wissen um Cannabis-Substanzkunde, der Zugang zu Aufklärung und Prävention sowie Suchthilfe wird gestärkt, ohne Anreize für eine Ausweitung des Cannabiskonsums zu schaffen.

Der Gesetzentwurf schafft klar verständliche Regeln für den individuellen Umgang mit Cannabis. Er verzichtet dabei auf unangemessene Einschränkungen der Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, ohne den Schutz besonders vulnerabler Personengruppen insbesondere von Kindern und Jugendlichen aus den Augen zu verlieren. Das AltCanG stellt die Eigenverantwortung der Konsumierenden in den Mittelpunkt und will Verantwortungs- und Risikobewusstsein fördern ohne zum Konsum von Cannabis zu verleiten. Es verzichtet auf verfassungsrechtlich bedenkliche Eingriffe wie Konsumverbote oder unnötige Eingriffe in die Vereinigungsfreiheit.

Der Vorschlag des CSCD gliedert Genusscannabis in bestehende Jugend- und Arbeitsplatzschutzgesetze ein. Er vermeidet Cannabis-Spezialrecht überall da, wo allgemeinere Vorschriften hinreichende Schutzrahmen bilden können. Er reduziert so den Verwaltungs- und Kontrollaufwand und entlastet insbesondere Strafverfolgungsbehörden erheblich.

III. Vereinbarkeit mit den völkerrechtlichen Verträgen und dem Recht der Europäischen Union

Der Vorschlag des CSCD steht dem Referentenentwurf des BMG hinsichtlich der Vereinbarkeit mit bestehenden völker- und europarechtlichen Rahmenbedingungen in nichts nach.

IV. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Die bürokratischen Vorgaben für Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken werden verringert. Das Abgabebelegverfahren nach der Betäubungsmittelbinnenhandelsverordnung (BtMBinHV) ist nicht mehr anzuwenden, die Pflicht zur halbjährlichen Meldung entfällt. Die Vorgabe der Verschreibung auf einem Betäubungsmittelrezept entfällt und auf besondere Sicherungsmaßnahmen wird künftig verzichtet.

Der Umgang mit rauschunwirksamen Pflanzen und Pflanzenteilen sowie aus diesen hergestellen Produkten (Nutzhanf) wird erheblich erleichtert. Melde- und Genehmigungspflichten entfallen überall dort, wo eine berauschende Wirkung der Produkte ausgeschlossen ist.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf zum AltCanG steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung hinsichtlich des sozialen Zusammenhalts der Bürgerinnen und Bürger und der Beschäftigung sowie der Lebensqualität im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.

Er ermöglicht insbesondere die breitere Nutzung THC-armer Cannabissorten sowie THC-freier Produkte (Baustoffe, Textilien, CO²-Bindung etc.). Er verzichtet außerdem auf ökologisch falsche Beschränkungen des Anbaus von Genusscannabis mit Hilfe von Kunstlicht und unterstützt nachhaltiges Wirtschaften von Anbauvereinen.

V. Evaluierung

Inwiefern die intendierten Ziele des Gesetzentwurfes erreicht werden, wird nach vier Jahren durch eine Evaluation überprüft, vgl. §15 AltCanG. Ziele des Gesetzes sind es, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz sowie zu einem verbesserten Kinder- und Jugendschutz beizutragen, die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention zu stärken sowie den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen.

Inwieweit diese Ziele erreicht werden und wie sich das Gesetz auf weitere gesellschaftliche Bereiche auswirkt, soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation ermittelt werden.

Es soll durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geprüft werden, inwieweit Daten, die im Rahmen der Evaluation erhoben werden der wissenschaftlichen Gemeinschaft für über die Evaluation hinausgehende Auswertungen und Forschungen zentral zur Verfügung gestellt werden können.

Ob der private Eigenanbau, der gemeinschaftliche nicht-gewerbliche Eigenanbau von Konsumcannabis und die kontrollierte Weitergabe von Konsumcannabis an Erwachsene Auswirkungen auf die geltenden Grenzwerte im Straßenverkehr und den Ausnahmetatbestand für die bestimmungsgemäße Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels im Rahmen des Ordnungswidrigkeitendelikts des § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG (Fahrten unter der Einwirkung der in der Anlage zu § 24a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz genannten psychoaktiven Substanzen) hat, kann nur auf wissenschaftlicher Grundlage evaluiert und unter Einbeziehung der fachkundigen Gremien festgestellt werden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wird die für die Zulässigkeit des Führens von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen maßgeblichen Grenzwerte für Tetrahydrocannabinol (THC) auf wissenschaftlicher Grundlage untersuchen und ermitteln.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Alternativer Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Alternatives Cannabisgesetz – AltCanG)

Zu §1 Begriffsbestimmungen

In §1 werden die für das Gesetz wesentlichen und wiederkehrenden Begriffe definiert, die in den nachfolgenden Paragraphen verwendet werden.

Zu Nummer 1
Die Definition von Cannabis orientiert sich an den jetzigen Regelungen in Anlage I des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Abweichend wird Saatgut nicht erfasst, weil dieses selbst keinerlei berauschende Wirkung hat und Cannabissamen in allen anderen EU-Staaten keinerlei Spezialrecht unterliegen. Der Begriff des Saatguts umfasst dabei nicht nur befruchtete Samen sondern auch den Pollen der Pflanze. So sollen Wettbewerbsnachteile für deutsche Samenproduzenten verhindert werden.
Zu Nummer 2
Tetrahydrocannabinol bezeichnet die natürliche Wirkstoffgruppe des Cannabinoids Tetrahydrocannabinol, die in der Cannabispflanze enthalten ist, und deren natürliche vorkommende Isomere wie (-)-trans-Δ9-Tetrahydrocannabinol (Dronabinol) sowie stereochemisch Varianten.
Zu Nummer 3
Cannabidiol bezeichnet die natürliche Wirkstoffgruppe des Cannabinoids Cannabidiol, die in der Cannabispflanze enthalten ist, und deren natürliche vorkommende Isomere sowie stereochemisch Varianten.
Zu Nummer 4
Stecklinge besitzen keine Blüten- oder Fruchtstände und einen THC-Gehalt von höchstens 1 Prozent, so dass der Konsum ihrer Bestandteile keine psychoaktiv berauschende Wirkung entfaltet. Unter Stecklinge fallen sowohl Keimlinge und Sprossteile (Klone) sowie Jungpflanzen und Setzlinge.
Zu Nummer 5
Marihuana bezeichnet die getrockneten, harzhaltigen Blüten und die blütennahen, kleinen Blätter der weiblichen Cannabispflanze.
Zu Nummer 6
Haschisch bezeichnet das abgesonderte Harz der Pflanze, das die weiblichen Cannabispflanzen zur Blütezeit vor allem in den Drüsenköpfchen der Blütenstände produzieren.
Zu Nummer 7
Veredelung bezeichnet alle Arbeitsschritte, bei denen mechanische oder chemische Weiterverarbeitung von Marihuana und Haschisch zum Zwecke der Beeinflussung von Wirkstoffgehalten oder zur Verstärkung/Etablierung gewünschter Aromen durchgeführt werden.
Zu Nummer 8
Konzentrat bezeichnet Genusscannabisprodukte die Ergebnis von Veredelung sind. Diese haben meist sehr hohe Wirkstoffgehalte. Auf dem jetzigen Cannabismarkt sind solche Produkte u.a. als Rosin, BHO, Wax, Shatter, Kief bekannt.
Zu Nummer 9
Cannabis-Esswaren sind Lebensmittel die mit THC angereichert oder unter Zuhilfenahme von Genusscannabis hergestellt wurden und deshalb selbst THC beinhalten. Von diesen Produkten gehen wegen des Risikos der Verwechslung mit rauschunwirksamen Speisen und Getränken besondere Risiken aus. Sachgerecht angewendet sind sie als rauchfreie Genusscannabisprodukte ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung von Gesundheitsgefahren.
Zu Nummer 10
Nutzhanf sind rauschunwirksame Cannabissorten, Pflanzenteile und cannabishaltige Produkte. Die Definition orientiert sich an den jetzigen Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG).
Zu Nummer 11
Medizinalhanf ist rauschwirksames, THC-reiches Cannabis, welches im Rahmen einer ärztlich begleiteten Therapie eingenommen wird. Es wird vom Vorschlag des CSCD wie andere Medikamente behandelt.
Zu Nummer 12
Genusscannabis meint nicht-medizinische berauschende (THC-reiche) Cannabisprodukte insbesondere den Gebrauch von Marihuana, Haschisch, Konzentraten oder Cannabis-Esswaren mit dem Ziel eine subjektiv positiv empfundene Wirkung von THC zu erleben.
Zu Nummer 13
Anbau umfasst alle Handlungen die nötig sind, um aus Saatgut gebrauchsfertige Genusshanfprodukte zu gewinnen. Dies beinhaltet die Vorbereitung und Durchführung der Aufzucht der Pflanzen bis zur Ernte, den Erntevorgang, die Weiterverarbeitung und Lagerung des gewonnenen Genusscannabis. Der Anbau von Cannabis unterliegt (wie Tabak) keinen besonderen Regelungen. Es finden lediglich die allgemeinen Vorschriften, wie z. B. aus dem Agrar- und Umweltrecht, Anwendung.
Zu Nummer 14
Eigenanbau ist der von Privatpersonen zur Deckung des eigenen Bedarfs an Genusscannabisprodukten durchgeführte Anbau von Cannabis. Die Definition orientiert sich an den analogen Vorschriften zur Tabakerzeugung.
Zu Nummer 15
Anbauvereine sind nicht-wirtschaftliche eingetragene Vereine zur gemeinschaftlichen Versorgung der Mitglieder mit Genusscannabis. Dies wird insbesondere durch gemeinschaftlich organisierten Anbau von THC-reichen Cannabissorten, die Weiterverarbeitung und Veredelung der Ernte sowie die Weitergabe der Ergebnisse an die Mitglieder erreicht. Anbauvereine sind logische Folge des legalen Eigenanbaus in Kombination mit der grundgesetzlich geschützten Vereinigungsfreiheit.
Zu Nummer 16-21
Die Definitionen für werbliche Informationen, Werbung, Sponsoring, Dienste der Informationsgesellschaft, Bedarfsgegenstände und Außenwerbung entsprechen analogen einschlägigen Regeln die für Tabakwerbeverbote festgelegt wurden.
Zu §2 Umgang mit Cannabis
Zu Absatz 1
Die Regelung überführt den Umgang mit Cannabis von einem allgemeinen Verbot zu einer Genehmigungspflicht. Die Regelung ermöglicht es dem Gesetzgeber vergleichsweise einfach neue Tatbestände hinzuzufügen, für die Genehmigungen erteilt werden können oder nicht benötigt werden und erleichtert so die zukünftige Ausweitung des straffreien Umgangs mit Genusscannabis.
Die Aufhebung des allgemeinen Verbots trägt dem gewandelten Wissensstand bezüglich der Risiken des Gebrauchs von Cannabis Rechnung und ist deutliches Zeichen des angestrebten Paradigmenwechsels in der Cannabispolitik.
Zu Absatz 2
Die Regelung definiert Bereiche in denen kein Genehmigungsvorbehalt nötig ist, weil von ihnen keine oder nur unwesentliche Risiken für die Gesellschaft ausgehen. Hier wird insbesondere Erwachsenen ein strafloser Umgang mit THC-haltigen Genussmitteln, der Eigenanbau durch solche Personen und deren Zusammenschluss in Anbauvereinen ermöglicht.
Die Vorschrift nimmt außerdem rauschunwirksamen Nutzhanf und Stecklinge sowie die zu deren Produktion benötigten Mutterpflanzen aus dem Genehmigungsvorbehalt.
Zu Absatz 3
Die Vorschrift befreit die medizinische Anwendung von Cannabis im Rahmen ärztlich begleiteter Therapien vom Stigma der Nähe zu Genusscannabis und ermöglicht eine bürokratiearme Ausweitung der medizinischen Nutzung. Durch die Einstufung als Arzneimittel im Sinne des §2 AMG wird Cannabis von Sonderregeln befreit und seine Verschreibung erleichtert.
Zu §§ 3 + 4 Werbe- und Sponsoringverbote

Die hier vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an geltenden Grenzen für die Bewerbung von Tabakwaren. Damit wird ein erhebliches Maß an Kinder- und Jugendschutz erreicht ohne wesentlichen Mehraufwand bei Behörden zu verursachen, da diese bereits etablierte Prüf- und Kontrollverfahren analog nutzen können.

Zu §5 Suchtprävention

Der CSCD greift an dieser Stelle die Vorschläge des Referentenentwurfs aus dem BMG auf.

Zu §6 Privater Eigenanbau

Die Vorschrift ermöglicht es Konsumentinnen und Konsumenten von Genusscannabis ihren eigenen Bedarf durch eigenverantwortlichen Anbau im privaten befriedeten Besitztum zu decken. Der Eigenanbau wird dabei auf Volljährige begrenzt und diesen besondere Pflichten zum Schutz von Kindern und Jugendlichen auferlegt.

Anders als der Referentenentwurf des BMG benennt die Vorschrift keine quantifizierten Obergrenzen oder besondere zwingende Sicherungsmaßnahmen. Solche Normen sind den Eigenbedarfsregeln anderer Feldfrüchte und Genussmittel fremd, selbst wenn von diesen wie z.B. im Falle von Kartoffeln oder Tabak erhebliche Gesundheitsgefahren ausgehen. Es ist kein Grund ersichtlich, der überspezifische Normierung für das vergleichsweise risikoarme Cannabis nötig macht.

Zu §7 Anbauvereine
Zu Absatz 1
Anbauvereine dürfen nur volljährige Mitglieder aufnehmen. Diese einfach umzusetzende und überprüfbare Regel stellt ein erhebliches Maß an Kinder- und Jugendschutz sicher.
Zu Absatz 2
Die Vorschrift stellt sicher, dass Anbauvereine nicht als kommerzielle Cannabisabgabestellen missbraucht werden. Die Beschränkung auf den Selbstkostenpreis und die Organisation in eingetragenen Vereinen verhindern eine privatwirtschaftliche Bereicherung effektiv.

Anders als der Referentenentwurf des BMG benennt der Vorschlag des CSCD keine Obergrenzen für die Abgabe, weil deren regulatorische Wirkung bestenfalls zweifelhaft, schlimmstenfalls Gesundheitsrisiken verschärfend ist (Flatratekiffen).

Den Anbauvereinen wird die Beauftragung von Dritten ausdrücklich gestattet. Dies soll es ermöglichen, Genusscannabis angepasst an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Mitglieder und unter Berücksichtigung ökologischer Faktoren technologieoffen (z.B. auch dezentral) zu produzieren. Die Regelung senkt außerdem die Einstiegsschwelle in Anbauvereine und verhilft so zu einer stärkeren Schwächung des Schwarzmarktes für berauschende Cannabisprodukte.

Zu Absatz 3
Um den Ausfall der Versorgung der Mitglieder von Anbauvereinen z.B. durch Naturkatastrophen, Schlecht- oder Minderernten und deren Ausweichen auf den Schwarzmarkt zu vermeiden, ist es sinnvoll, dass sich Anbauvereine wechselseitig aushelfen, sofern die Versorgung der eigenen Mitglieder nicht darunter leidet. Die nichtkommerzielle Weitergabe von Genusscannabis an andere Anbauvereine ermöglicht außerdem eine ökologisch wie ökonomisch sinnvolle Nutzung ungewollt zu viel produzierten Cannabis und reduziert die Gesamtmenge des in Anbauvereinen produzierten Genusscannabis.
Zu Absatz 4
Die Vorschrift gewährleistet, dass Genusscannabis von Anbauvereinen und die Anbauvereine selbst nicht mittels auffälliger Verpackungen beworben werden. Sie definiert außerdem Basisinformationen, die es Konsumentinnen und Konsumenten ermöglicht, risikobewusst und selbstverantwortlich Genusscannabis zu gebrauchen. Die geforderten Informationen tragen den besonderen Risiken von Cannabis-Esswaren Rechnung.
Zu Absatz 5
Anbauvereine tragen besondere Verantwortung für ihre Mitglieder. Umgekehrt haben sie einen besonders niedrigschwelligen Zugang zu Konsumentinnen und Konsumenten von Genusscannabis. Die Vorschrift stellt sicher, dass sie ihren regelmäßigen Zugriff auf potenziell von cannabisspezifischen Problemen Betroffene dazu nutzen, diese mit Aufklärung und Suchthilfeinformationen zu versorgen.
Anbauvereine werden so zu besonders wirksamen Werkzeugen der Suchthilfe.
Zu Absatz 6
Die Vorschrift stellt sicher, dass Anbauvereine besondere Anstrengungen unternehmen, um die von ihrem Handeln ausgehenden Risiken zu minimieren. Anders als der Referentenentwurf des BMG weist der des CSCD keine konkreten Maßnahmen aus, weil diese in der Praxis eine breite Palette von Ausprägungen annehmen können und gegebenenfalls müssen.
Zu Absatz 7
Die Regelung verpflichtet Anbauvereine ihre Anbau und Erntemethoden stets am Stand wissenschaftlicher und gartenbautechnischer Erkenntnisse auszurichten, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihre Mitglieder entsprechend weiter zu bilden und sichert so eine hohe Qualität des in Anbauvereinen hergestellten Genusscannabis.
Zu Absatz 8 und 9
Analog zu anderen Feldfrüchten wird ein Mechanismus geschaffen, der es dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gestattet, neue Erkenntnisse zu den Risiken von beim Anbau von Cannabis verwendeten Spezialchemikalien und -organismen regulatorisch umzusetzen und so Gesundheitsgefahren für im Cannabisanbau Beschäftigte sowie Konsumentinnen und Konsumenten von Genusscannabis zu minimieren.
Zu §8 Maßnahmen behördlicher Kontrolle

Der Paragraph definiert Aufgaben und Rechte von Behörden sowie deren beauftragter Vertreterinnen und Vertreter im Umgang mit Anbauvereinen. Er legt außerdem fest, in welchem Umfang Anbauvereine Kontrollmaßnahmen erdulden und unterstützen müssen. Die Regelung orientiert sich an analogen Vorschriften beim Anbau von Tabakwaren. Anders als der Referentenentwurf des BMG reduziert das AltCanG behördliche Kontrolle auf jene Umstände, die Risiken erzeugen, die über die üblicherweise Cannabis innewohnenden hinausgehen. So soll willkürliche und schikanöse Überkontrolle verhindert werden.

Zu §§9 – 11 Ordnungswidrigkeiten und Strafvorschriften

Hier wird definiert, welche Regelüberschreitungen wie sanktioniert werden. Der Entwurf schafft dabei bewusst wenige Strafvorschriften, um Strafverfolgungsbehörden die Konzentration auf besonders schwere Rechtsverstöße zu ermöglichen. Die benannten Ordnungswidrigkeiten tragen in ihren Strafrahmen der unterschiedlichen Schwere möglicher Verstöße Rechnung. Sie liegen insgesamt deutlich unter den bisherigen Strafandrohungen des BtMG und spiegeln so den geänderten rechtlichen Rahmen insbesondere die weitgehende Genehmigungsfreiheit des Umgangs Erwachsender mit Genusscannabis wider.

Zu §§12 – 14 Tilgung von Straftaten aus dem Bundesregister

Die Regelungen sorgen dafür, dass Verurteilungen wegen Taten die nach dem AltCanG nicht mehr strafbar sind aus den einschlägigen Straftatsregistern gestrichen werden. Im Übrigen verweisen wir auf die einschlägigen Anmerkungen zum §45-47 des Referentenentwurf zum Cannabisanbaugesetz (CanAnbauG).

Zu §15 Evaluierung

Ziele des Gesetzes sind es, zu einem verbesserten Kinder- und Jugendschutz sowie einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention zu stärken sowie den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen. Inwieweit diese Ziele erreicht werden und wie sich das Gesetz auf weitere gesellschaftliche Bereiche auswirkt, soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation ergebnisoffen ermittelt werden.

Die Regelung stimmt mit dem §48 Referentenentwurf zum CanAnbauG überein. Auf die einschlägige Begründung wird verwiesen.

Zu Artikel 2 Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken (Medizinal-Cannabisgesetz – MedCanG)

Die im Referentenentwurf des BMG vorgeschlagenen Spezialregelungen für Medizinalhanf lehnt der CSCD ab. Cannabis, welches im Rahmen einer ärztlich begleiteten Therapie eingesetzt wird, gehört nach unserer Auffassung unter die Kontrolle des Arzneimittelgesetzes (AMG).

Mit diesem Schritt tragen wir dem Umstand Rechnung, dass von Medizinalhanf im Vergleich zu zahlreichen Arzneimitteln weit geringere Gesundheitsrisiken ausgehen. Ein einfaches Beispiel zeigt, wie unverhältnismäßig das vom BMG vorgeschlagene Spezialrecht für Medizinalhanf ist. So stellen z.B. in der Therapie von Diabetes übliche Insulin-Pens ein vielfach höheres Gesundheitsrisiko dar. Ihr Missbrauch kann im Gegensatz zu dem von Medizinalhanf zum Tode führen. Dennoch fordert der Gesetzgeber von Patientinnen und Patienten mit Diabetes keine dem Referentenentwurf zum MedCanG analogen Sicherungsmaßnahmen und legt ihnen auch keine Strafandrohungen auf.

Zu Artikel 3-12 Änderungen in weiteren Vorschriften

Die im Referentenentwurf zum eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften benannten Änderungen im Betäubungsmittelrecht sind auch für den Vorschlag des CSCD geboten oder regulatorisch zwingend.

Wir verweisen deshalb auf die einschlägige Begründung des Referentenentwurf.

Zu Artikel 14 Anpassung des Jugendschutzgesetz

Die Risiken von (gerauchtem) Genusscannabis sind weitgehend deckungsgleich mit denen des Konsum von Tabakwaren. Es scheint deshalb regulatorisch sinnvoll und unproblematisch den legalisierten Gebrauch von Genusscannabis weitgehend so zu regeln, wie dies für Tabakwaren der Fall ist. Im Jugendschutzgesetz (JuSchG) muss dafür nur ein einziger Paragraph angepasst werden. Dieser wird an den nötigen Stellen um die Worte „sowie Genusscannabis und Cannabis-Esswaren“ ergänzt.

Die Eingliederung in das JuSchG ermöglicht effektiven, schnell umsetzbaren Jugendschutz und erzeugt weder erhebliche Aufwände bei Kontrollbehörden noch bedarf es eines neuen (möglicherweise fehlerbehafteten) Regelwerks.

Zu Artikel 14 Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Die Stellungnahme des CSCD als PDF.